„The music of Benny Goodman“ lebte mit drei Ensembles wieder auf

Zum 100. Geburtstag von Benny Goodman swingte es in der Wiehltalhalle vom Feinsten. Benny Goodman hatte das Ziel, „schwarze“ Musik einem jungen weißen Publikum näher zu bringen, und er hat sich dabei auch um die Überwindung der Rassentrennung in den USA sehr verdient gemacht. Noch heute gilt er als der „King of Swing“.

Herb Geller – Fotos: Christian Melzer

Einer, der selbst im „Benny Goodman Orchester“ spielte, ist Herb Geller. Er eröffnete den Benny-Goodman Abend anlässlich der Wiehler Jazztage mit seinem Ensemble. Mit seinem eigenen ausdrucksstarken und unverkennbaren Stil begeisterte der mittlerweile 80jährige Saxophonist das Publikum. Das „Herb Geller Quartett“ startete sein Programm mit einem Benny Goodman Favoriten: „I’ve found a new baby“ und Herb Geller erzählte zwischendurch immer wieder etwas über die Stücke. Gemeinsam mit seinen drei hervorragenden Musikern – Bernhard Pichl am Piano, Rudi Engel am Bass und ganz dynamisch Jens Düppe am Schlagzeug – ließ er die Wiehltalhalle swingen.

Herb Geller gehört zu den großen Westcoast-Saxophonisten seiner Generation. Er nahm das Publikum mit seinem virtuosen Spiel im Kreise der perfekt eingespielten Bandkollegen für sich ein. Ob bei den Balladen „Poor Butterfly“ und „More than you know“ oder dem swingenden „Come rain or come shine“. Ein besonderes Geschenk hatte er für das Jazztagepublikum mit dem „Wiehler stomp“ – eigentlich „Birdland stomp“, aber exklusiv neu arrangiert von Herb Geller. Herb Geller beschloss als 14-Jähriger, nachdem er Benny Carter im Orpheum Theatre in Los Angeles hörte, das Altsaxophon zu erlernen. Nur zwei Jahre später bekam er sein erstes professionelles Engagement in der Band des Violinisten Joe Venuti. Trotz seiner Idole Charlie Parker und Benny Carter hat er seinen eigenen Stil im laufe seiner Karriere gefunden.

Einen eigenen Sound zu finden, hält Bernhard Pichl für das Wichtigste im Jazz: „no sound, no message“. Der Sound zum Benny Goodman Thema war exzellent und die vier Musiker verschmelzten immer wieder zu einem homogenen Klangkörper. Das sie alle viel Spielerfahrung haben, war unverkennbar. So spielte Schlagzeuger Jens Düppe mit Toots Thielemans, Scott Hamilton, Markus Stockhausen,und diversen Big-Bands. Bassist Rudi Engel wirkte eher ruhig, aber seine Soloparts zeigten sein famoses Können.

Sandy Patton räumte im zweiten Teil erstmal die Bühne um und vereinnahmte die Gäste in der Wiehltalhalle mit ihrer charmanten Art. Sie gehört zweifellos zu der Riege der grandiosen Jazz-Sängerinnen, trat mit verschiedenen Jazzgrößen wie Al Gray, Paquito d’Rivera und Dizzy Gillespie und in Wiehl 2005 mit Pete York auf. „Sandy Patton & Tizian Jost Trio“, das hieß für die Zuhörer moderner, swingender Jazz. Ob Oscar Petersons „Tricotism“ – mit einem hervorragenden Bass-Solo von Thomas Stabenow und beeindruckendem Scatgesang von Sandy Patton – oder dem „I’m beginning to see the light“, bei dem Drummer Michael Keul glänzte. Weil Sandy wünschte, dass alle einmal glücklich sind, schenkte sie dem Publikum ein „Get happy“ und auch ihr „Take the A-Train“ beflügelte.

Ein kurzweiliges Programm zeigten die drei Musiker gemeinsam mit Sandy Patton, das durch akustische Dichte und viele Varianten in temporeichen Soli das Publikum mitriss. Das Thomas Stabenow zu den versiertesten Bassisten Deutschlands zählt, wurde schnell deutlich. Der Professor für Kontrabass an der Musikhochschule Mannheim ist ein begehrter Bassist, der unter anderem mit Joe Pass, Mark Murphy, Toots Thielemans und Ack van Rooyen spielte. Drummer Michael Keul ist seit 1991 festes Mitglied der Al Porcino Big Band und die Liste der Musiker, mit denen er die Bühne geteilt hat liest sich wie ein Jazzlexikon: Chet Baker, James Moody, Joe Haider oder Bill Ramsey. So wie nebenbei bearbeitet er sein Instrument, fügt sich in das gemeinsame Spiel ein und glänzt mit Soloparts.

Pianist Tizian Jost ist meist ganz versunken in sein Spiel, das von seinem harmonischen Einfallsreichtum lebt. Er hat sich im Laufe seiner 20-jährigen Karriere zu einem der gefragtesten Musiker seines Genres im süddeutschen Raum entwickelt und spielte unter anderem mit Mark Murphy und Till Brönner. Innovative Variationen und moderne Akzente fließen in sein Spiel. Gemeinsam mit Michael Keul und Thomas Stabenow bildete er auch im dritten Teil des Programms ein hervorragendes Klangbild – hier im Stephan Holstein Quartett.

Stephan Holstein präsentierte mit seinen Musikern und Special Guest Wolfgang Schlüter am Vibraphone eine erfrischend zeitgemäße Hommage an den King of Swing. Mit viel Wärme, Stilgefühl und Phantasie spielt Stephan Holstein die Klarinette. Der Bayerische Rundfunk bezeichnete ihn als „Hans Dampf in allen Klarinettengassen“ – zwischen Theater- und Filmmusik, Jazz und Klassik – und einem der seelenvollsten Musiker. Bei seinem gefühlvollen, brillanten Spiel vergisst man sozusagen die Welt um sich herum und wird entführt in musikalische Sphären. Dies nicht nur bei „I got rhythm“ oder dem „Lullaby in rythm“- jedes Stück wird zum Erlebnis. Sein Klarinettenspiel ist unverkennbar und bei der Leidenschaft mit der er die Töne fabriziert, springt der Funke auf den Zuhörer unvermittelt über.

Zwischen den Stücken fand Stephan Holstein mit seinen Ansagen immer eine Verbindung zu Benny Goodman, dessen Hauptinstrument er ja nun selbst auch spielt und dem er eine CD gewidmet hat. Dieses Tribut an Goodman spielte er mit dem exzellenten Hamburger Wolfgang Schlüter, einem der profiliertesten deutschen Vibraphonisten der Nachkriegszeit und seinem Quartett ein. Wolfgang Schlüter ist ein Urgestein der deutschen Jazzgeschichte und verblüffte das Publikum in Wiehl mit seinem Spiel auf dem Vibraphon. Immer dann, wenn man glaubte, der Siedepunkt seiner Soli sei bereits erreicht, steigerte er die Intensität ein weiteres Mal.

Benny Goodman hatte eine ganz besondere Liebe zur Musik und das ist der Grund, warum Benny Goodman bis heute unvergessen und unerreicht ist. Sandy Patton und die neun Musiker ließen an diesem Abend „The music of Benny Goodman“ auf eine fulminante Weise aufleben und begeisterten mit ihrem Können.

Vera Marzinski

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Fotos: Christian Melzer

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