20 Jahre Ometepe-Projekt: Ausstellungseröffnung und Buchpräsentation in der Wiehler Sparkasse

Am Freitag, 28. Juni fand in der Wiehler Sparkasse eine Fotopräsentation und die Buchvorstellung des gerade neu erschienenen Buches „Wir sind dabei, Geschichte zu verändern“ von Monika Höhn statt.

Foto: Christian Melzer

Mehr als 120 Gäste warteten bereits auf die Ankunft der NicaraguanerInnen. Die Wiedersehens-freude war groß und es gab herzliche Umarmungen und Begrüßungen unter den TeilnehmerInnen, die die Insel Ometepe bereits persönlich kennen gelernt haben.

Das Vamosa-Trio, das schon viele Male für Ometepe gespielt hatte, begleitete auch an diesem Abend die Veranstaltung, die von Sparkassendirektor Manfred Bösinghaus eröffnet wurde.

Fünf Kinder der Grundschule Bernberg mit ihrer Lehrerin Mechthild Sülzer überbrachten Wünsche der Kinder der Drachenklasse 2 b, die ins Spanische übersetzt waren. Sie werden den Kindern der Schule „La Esperanza“ in Santo Domingo geschenkt. Die bunten Schmetterlinge, die die Kinder den Gästen übergaben, symbolisieren die Freiheit und passten gut zu den 45 Frauenfotos, auf die Monika Höhn später in ihrer Rede noch einging. Für den Ev. Kirchenkreis An der Agger hielt der stellvertretende Superintendent Pfarrer Thomas Ruffler eine Grußrede und betonte die Bedeutung und den Gewinn der Entwicklungs-Zusammenarbeit mit Ometepe, seit der Kirchenkreis das Projekt als Fachausschuss im Ev. Kirchenkreis auf seiner Synode im November 2011 beschlossen hat.

Dr. Horst Engler-Hamm, Konsul von Nicaragua, überbrachte die Grüße der nicaraguanischen Botschaft und betonte, dass Monika Höhn durch ihre zahlreichen Veröffentlichungen zu Nicaragua in besonderer Weise „Lust auf Nicaragua“ gemacht habe.

Auch der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Wiehl, Wilfried Bast, lobte noch einmal das Engagement der Projektinitiatoren und ihrer MitarbeiterInnen und übergab einen finanziellen Beitrag der Stadt Wiehl und einen Blumenstrauß an Frau Höhn als Dank für 20 Jahre Projekt-Arbeit in Nicaragua.

Monika Höhn stellte vor ihrer Rede zum Abschluss drei der anwesenden Protagonistinnen ihres neu erschienenen Buches vor: Dr. Melida Luna, Karla Varela und Jana Höhn. Zugleich bedankte sie sich bei Hans-Ludwig Mayer, einem der hilfreichen Übersetzer.

Die vollständige Rede ist im folgenden Text nachzulesen:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bösinghaus, liebe Vertreter von Kirche und Stadt Wiehl, lieber Herr Konsul Dr. Engler-Hamm!

Liebe Karla Varela, liebe Melida Luna, lieber Jorge Quintana, lieber Alcides Flores und lieber Roberto Alvarado!

Ganz besonders begrüße ich Luis Thönes den jüngsten Teilnehmer und offenbar neuer Ometepe-Fan, wie mir sein Vater Dominik verriet.

Wir trafen uns vor ein paar Wochen im Kindergarten Samenkorn, in dem ich zu einem Vortag eingeladen war. Heute Abend wolltest Du, Luis, unbedingt dabei sein und ich freue mich sehr, dass Du da bist. Herzlich Willkommen.

Vielleicht haben Sie sich darüber gewundert, vom Portrait einer Frau begrüßt zu werden, die gestern Abend erst aus Nicaragua angereist ist und vermutlich die 8-stündige Zeitumstellung von ihrem Land Nicaragua und der Insel Ometepe nach Deutschland noch gar nicht verkraftet hat.

Die Psychologin Karla Varela ist die Titelfigur auf dem Cover meines Buches, das ich Ihnen heute Abend hier vorstellen darf. Und auch eine weitere Frau, die Zahnärztin Dr. Melida Luna ist eine Mitautorin meines Buches, dessen Titel Wir sind dabei, Geschichte zu verändern, Sie vielleicht ein wenig neugierig macht.

Sie sind außerdem heute Abend von insgesamt 45 Frauen aus Ometepe umgeben, die Sie von den Fotos anschauen – mal traurig, mal lachend, mal erschöpft, oft stolz und auch kämpferisch, selten resigniert. Diese Ausstellung gilt vor allem den Frauen, die uns Besucherinnen aus Oberberg und von anderswo, die im Laufe der Jahre mit uns gereist sind, ihr Vertrauen geschenkt und die uns die Möglichkeit gegeben haben, ihren Alltag zu dokumentieren.

Bei der Durchsicht von tausenden von Fotos, die auf unserer Festplatte gespeichert sind, ist mir eines ganz deutlich geworden: Von den 21 Arbeitsplätzen im Ometepe-Projekt, die im Laufe von 20 Jahren mit der Hilfe von zahllosen Spenderinnen und Spendern geschaffen werden konnten, sind nur 4 Männer, die im Projekt beschäftigt sind. Die übrigen 17 Mitarbeiter des Projekts sind Frauen.

Es sind Frauen, die ganz entscheidend an der Entwicklung ihres Landes und auf der Insel beteiligt sind: sie versorgen ihre Kinder, sie stehen an den Öfen, sie sammeln Brennholz, sie stehen im Nicaragua-See, um an den Waschsteinen ihre Wäsche zu waschen. Sie sind alleinerziehend, wenn ihre Männer unterwegs sind. Oft arbeiten diese als „Gastarbeiter“ im benachbarten Costa Rica in den Bananenplantagen, weil sie dort etwas mehr Geld verdienen als in ihrem eigenen Land. Häufig kommen sie nicht zurück. Und wenn, dann oft krank von den Pestiziden, denen sie in den riesigen Bananenplantagen ausgesetzt waren.

Es sind die Frauen, die bei der Kaffeeernte die Bohnen in den höheren Lagen des Vulkans Maderas pflücken oder in den Reisfeldern bei sengender Hitze die Felder säubern. Viele Frauen haben ihre Kinder unter schwierigen häuslichen Bedingungen in ihren Hütten geboren, um am nächsten Tag wieder auf den Beinen zu stehen. Viele haben ihre behinderten Kinder auf dem Rücken getragen, um sie von einem Ort zum anderen zu transportieren.

Oft selbst mangel- oder fehlernährt. Sie schleppen auf den Melonenfeldern die schweren Fruchtsäcke, um sie für den Abtransport von der Insel in eines der Nachbarländer zu verladen. Sie sitzen auf den Pferden, die machete, das große Haumesser, in der Hand oder treiben einen Ochsengespann an, um auf dem Karren aus einer Quelle Trinkwasser in die Kanister zu füllen weil Trinkwasser bis vor einiger Zeit noch keine Selbstverständlichkeit auf der Insel war.

Sie engagieren sich in der projekteigenen Vorschule, in der Schule und in der Behinderten-einrichtung, die wir vor ca. 3 Jahren aus dem Spendenfonds aufbauen konnten.. Sie kommen aus den entlegenen Dörfern zu Fuß mit ihren Kindern, um einen Gesundheitsposten zu erreichen und einen Arzt zu konsultieren.

Sie alle verdienen meinen äußersten Respekt und deshalb war es mir ein großes Anliegen, diesen Frauen eine hohe Aufmerksam zu widmen.

In meinen Vorträgen und Veröffentlichungen war es mir immer wichtig, die große Armut des zweitärmsten Landes in Lateinamerika und die Entwicklungs-Zusammenarbeit mit Nicaragua greifbar und verständlich zu machen. Und ich denke, es ist uns ein wenig gelungen durch die Herausgabe von Büchern, durch Vorträge und Filme. Hier können Sie nachlesen, was in zwanzig Jahren entstanden ist: Schule, Vorschule, Behinderteneinrichtung, eine kleine Klinik, der Bau von mehr als 160 Häusern und zahllosen Latrinen und vieles mehr…

So ist das Jahr 2013 für uns ein besonderes Ereignis, zu dem wir unsere Gäste aus Nicaragua, als die leitenden Mitarbeiter im Ometepe-Projekt, nach Deutschland eingeladen haben.

Unseren Projektleiter, den Agrar-Ingenieur, Alcides Flores. Vielen von Ihnen ist er inzwischen bekannt, seine Frau, die ich bereits erwähnte, die Zahnärztin Dr. Melida Luna und Dr. Roberto Alvarado, Allgemeinmediziner und Chirurg, mit dem viele der hier Anwesenden auch schon auf der Insel zusammen gearbeitet haben.

Für zwei Gäste ist dies das erste Mal, dass sie diese weite Reise von über 12 000 km auf sich genommen haben. Für die Psychologin Karla Varela und Dr. Jorge Quintana, Agrar-Ingenieur und Geschäftsführer einer Klein-Kredit-Genossenschaft in Santo Domingo auf Ometepe, die wir mit ins Leben gerufen haben.

Als wir im März diesen Jahres aus Ometepe zurückkehrten, waren wir noch nicht sicher, ob Karla Varela nach Deutschland kommen würde, weil mit dieser Reise viele Ängste verbunden waren. Ihre Flugangst vor allem, die sie vielleicht nun ein wenig verloren hat.

Karla Varela ist in den Vulkandörfern unterwegs, spricht über Gewalt und sexuellen Missbrauch in den Familien, bietet Möglichkeiten zur Stärkung der Frauen an und holt sie oft aus ihrer Alltagssituation heraus. Und noch etwas Außergewöhnliches: Karla hat in einem abgelegenen Dorf, in Tichaná, Selbsthilfegruppen für Männer aufgebaut, die stark suizidgefährdet sind. Und die Männer trauen ihr.

Noch im März habe ich verschiedene Interviews mit Frauen geführt, die mich kennen und die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Nur so konnte dieses Buch entstehen, an dem 30 Frauen mitgeschrieben haben. Erschütternde Protokolle, die ich selbst oft zum ersten Mal gelesen habe, mutmachende Dokumente gleichzeitig – von Frauen geschrieben, die ich persönlich kenne – die ihr Leben in die Hand genommen und sich nicht haben einschüchtern lassen.

Und bedenken Sie bitte, es sind Frauen, die einen Lernprozess durchgemacht haben und die in der Lage sind, ihre eigene Situation kritisch zu hinterfragen und manchmal bereit waren, einen anderen Weg zu gehen und auszusteigen.

Kein männerfeindliches Buch, aber eines, das sich gegen den Machismo – den Männlichkeitswahn – wendet, und zugleich für ein gutes Miteinander zwischen beiden Geschlechtern wirbt. Und damit hoffentlich Ihre Aufmerksamkeit erregt.

Wir sind Ihnen sehr dankbar, lieber Herr Bösinghaus, dass wir den Auftakt zu unserem Jubiläum 20 Jahre Ometepe-Projekt Nicaragua mit dieser Fotoausstellung heute Abend hier in der Sparkasse Wiehl zugleich mit der Präsentation eines ungewöhnlichen Buches beginnen dürfen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mit einem Buch nach Hause gehen, das wir Ihnen gerne signieren: Karla Varela, Melida Luna, meine Tochter Jana, ebenfalls Mit-Autorin, oder ich.

Ich danke an dieser Stelle allen, die mitgeholfen haben, diese Veranstaltung vorzubereiten und auszurichten.

Einen herzlichen Dank auch an die drei Musiker des Vamosa Trio, die uns schon viele Male bei unseren Aktivitäten für Ometepe begleitet haben.

Zum Schluss noch einen ganz besonderen Dank an Dich, lieber Hermann Schulz.

Ohne Dich wären wir niemals in Nicaragua gelandet. Und ich denke, es ist an der Zeit, Dich unseren Freunden und all denen vorzustellen, die sich mit Nicaragua verbunden fühlen, zumal ich Dich immer wieder in unseren Büchern als den Pionier und besten deutschen Kenner Nicaraguas beschrieben habe. Ein Buch von Dir, Hermann, „Jaqueline“ liegt dort auf dem Ometepe-Tisch. Hermann Schulz ist in Tansania geboren, war Verleger des damaligen Jugenddienst-, heute Peter Hammer-Verlags von 1969 – 2001, der mit Johannes Rau gegründet wurde und ist mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller.

Unsere Freundschaft begann vor 44 Jahren, im Jahr 1969, als mein Mann Michael seine ersten Gedichte veröffentlichte und einer der Autoren war in dem Büchlein „Poeten beten“. In den 80er Jahren gab es das erste Kulturtreffen in Nicaragua, zu dem wir auch eingeladen waren. Es klappte aus verschiedenen Gründen nicht und so fuhren wir anlässlich unserer Silberhochzeit 1993 nach Nicaragua. Du hattest uns eine Reihe von Kontaktadressen genannt. Wir landeten in diesem Land bei gemeinsamen Freunden und schließlich auf der Insel Ometepe.

Nie hatten wir die Absicht, ein Hilfsprojekt ins Leben zu rufen. Aber es hat sich so ergeben und das „WIE“ ist in unserer Homepage und unseren Büchern nachzulesen.

Wer hätte daran gedacht, dass unser aller Liebe zu Ometepe und ihren Menschen so lange andauern würde und schließlich zu diesem Projekt führte, das heute sein 20-jähriges Jubiläum feiert. Danke für Deine jahrelange Begleitung.

Nun wünsche ich uns allen einen angeregten Austausch und danke für Ihre und Eure Aufmerksamkeit.“

Monika Höhn

Die Bilderserie wird präsentiert mit freundlicher Unterstützung durch:

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Fotos: Christian Melzer

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