Jugendämter und Beratungsstellen unterzeichnen Kooperationsvereinbarung

Spezialisierte Beratung gegen sexualisierte Gewalt wird ausgebaut: Betroffene erhalten kreisweit Unterstützungsangebote.

Eine starke Gemeinschaft gegen sexualisierte Gewalt im Oberbergischen Kreis. (Foto: OBK)

Am 20. Mai 2022 unterzeichneten der Oberbergische Kreis, die Städte Radevormwald, Wipperfürth, Gummersbach und Wiehl sowie der Verband der Kath. Kirchengemeinden im Oberbergischen Kreis, der Verein nina + nico und der Kirchenkreis An der Agger eine „Gesamtkooperationsvereinbarung zum Ausbau der Beratungsangebots- und Koordinationsstrukturen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Oberbergischen Kreis“.

Alle fünf Jugendämter und die vier zuständigen Beratungsstellen im Oberbergischen Kreis kooperieren nun eng, um die bisher nicht ausreichenden Beratungskapazitäten aufzustocken. So soll dem vorhandenen Bedarf Rechnung getragen werden. Hierfür wurden für 4,5 neue Stellen Fördermittel vom MKFFI des Landes NRW akquiriert. Die Beteiligten streben an, nun den vorhandenen Bedarf an spezialisierter Beratung abzudecken und den Betroffenen von sexualisierter Gewalt kreisweit adäquate Unterstützung anzubieten.

Der Oberbergische Kreis als ländlich geprägter Flächenkreis, mit teilweise langen Anfahrtswegen zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten, möchte mit einem gemeinsamen Handlungs- und Maßnahmenkonzept einen verbesserten Schutz von Kindern- und Jugendlichen auf den Weg bringen und die Beratungssituation vor Ort flächendeckend ausbauen und verbessern, um die Wartezeiten zu verkürzen sowie eine lückenlose Versorgungssituation zu gewährleisten. Schon jetzt reichen die Kapazitäten weder bei den Beratungsstellen noch bei den niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aus, um nur die jetzt schon bekannt gewordenen Fälle zeitnah zu betreuen. „Das hier geschaffene Beratungsangebot ist ein wichtiger Baustein beim Ausbau des (präventiven) Kinderschutzes, den wir kontinuierlich weiterentwickeln möchten“, berichtet Kreissozialldezernent Ralf Schmallenbach. Im Rahmen der Entwicklung und Durchführung der vielfältigen Jugendhilfeaufgaben steht das Thema „sexualisierte Gewalt“ immer deutlicher im Fokus. Die Beratungsstellen berichten von einem gestiegenen Beratungsbedarf in diesem umfänglichen Themenfeld im Beratungskontext oder mit einer direkten Anfrage nach Hilfe. Sowohl Mädchen als auch Jungen werden Betroffene sexualisierter Gewalt. Oft bleiben die Taten lange unentdeckt und nur wenige Betroffene schaffen es, über das Erlebte zu sprechen. Sexualisierte Gewalt in der Kindheit und Jugend wirkt nach. Zeitnahe, leicht zugängliche und individuelle Hilfen sind unverzichtbar, um der Gewalterfahrung angemessen zu begegnen. Um sich aus der Missbrauchssituation zu befreien, benötigen sie professionelle Hilfe, die zeitnah und ortsnah niederschwellig erreichbar sein muss. „Nicht nur die Verbesserung ihrer Situation, sondern auch die Aufklärung und Prävention ist eine wichtige Zukunftsaufgabe für die betroffenen Kinder, ihre Familien und für die Gesellschaft.“, so Thomas Hein Thomas Hein Fachbereichsleiter Jugend und Familie Stadt Gummersbach.

Die Kooperationsvereinbarung wurde geschlossen, um den Ausbau der Beratungsangebots- und Koordinationsstrukturen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Oberbergischen Kreis zu gewährleisten. Die diesbezüglich spezialisierte Prävention und Beratung soll ausgebaut und gefördert werden. Betroffene von sexualisierter Gewalt sowie deren Familien sollen durch spezialisierte Beratungsstrukturen die Zugänge erleichtert werden sowie durch spezialisierte Fachberatung qualifizierte und auf ihre Situation zugeschnittene psychosoziale Beratung und / oder Therapieangebote erhalten. „Die Kooperationspartner bilden eine begleitende Steuerungsgruppe, die sich zu strategischen Überlegungen bezüglich einer qualifizierten Versorgung der Zielgruppe verpflichtet“, ergänzt Birgit Steuer Leiterin der Koordinierungsstelle für Gesellschaftliche Entwicklung im Oberbergischen Kreis. Das neu geschaffene spezialisierte Beratungsangebot soll flächendeckend und bedarfsgerecht kreisweit zum Einsatz kommen.

Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensfragen Kirchenkreis an der Agger Haus für Alle, Waldbröl

„Über Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt zu zu sprechen ist für Betroffene oft schwer. Wir möchten einen sicheren und verlässlichen Ort bieten, wo dies möglich ist. Auch für Fachleute kann das Thema sexualisierte Gewalt viele Fragen aufwerfen, wir stehen in diesem Zusammenhang als Ansprechpartner zur Verfügung. Ebenfalls unterstützen wir bei der immer wichtiger werdenden Entwicklung von Schutzkonzepten zur Prävention vor sexualisierter Gewalt in Vereinen und Institutionen.“
Christian Gröger Leiter der Beratungsstelle

Nina+nico e.V., Beratung für Mädchen, Jungen und Frauen e. V., Gummersbach

„Nina+nico e.V. arbeitet seit über 25 Jahren spendenbasiert im OBK zum Thema Sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Frauen, mit nunmehr 8500 Einzelberatungen seit 1999, schwerpunktmäßig in den Bereichen Beratung, Prävention und Schulungen pädagogischer Fachkräfte. Wir sind sehr dankbar, mit der in Aussicht gestellten öffentlichen Förderung von 2 Stellen zum 1. Juli 2022, den Verein und die von ihm geleistete Arbeit auf eine solide zukunftsorientierte Basis stellen zu können. Die Entstehung des Netzwerkes der kreisweiten Beratungsstellen zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen stellt einen Meilenstein für die vielfältige Arbeit zu diesem Thema und die ortsnahe Anbindung der Hilfesuchenden im OBK dar.“
Dagmar Steinmann, Vorstand Nina+nico e.V.

Statement der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Oberbergischen Kreises, Gummersbach

„Bei den, auch aktuell wieder stark steigenden Anmeldezahlen, nehmen auch die Fälle zu, in denen sexualisierte Gewalt eine Rolle spielt. Hier sind wir durch den Ausbau der spezialisierten Beratung gegen sexualisierte Gewalt in unserer Beratungsstelle nun besser aufgestellt, die notwendigen qualifizierten Hilfen anzubieten.

Durch die nun mögliche Ausweitung unserer Angebote der spezialisierten Prävention werden die Zugänge zu unseren Hilfsangeboten aufgezeigt, wodurch künftig vermehrt Betroffene aus dem sogenannten Dunkelfeld erreicht werden können. Durch die frühzeitige Stärkung von Kindern und Jugendliche im Rahmen dieser Angebote kann so auch die Prävention von sexualisierter Gewalt verbessert werden.“
Olaf Hesse, Leiter Psychologische Beratungsstelle Oberbergischer Kreis

Psychologische Beratungsstelle Herbstmühle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Wipperfürth

„Die Psychologische Beratungsstelle Herbstmühle in Wipperfürth ist seit dem Jahr 2000 mit zusätzlichem Personal im Bereich der Beratung bei sexueller Gewalt unterwegs. Zunächst über Stiftungsmittel in Projektform, seit 2009 über den angepassten Vertrag mit dem Oberbergischen Kreis verstetigt. Die Tätigkeit erstreckte sich vor allem auf Beratung Betroffener Mädchen, Jungen, deren Eltern und anderen Bezugspersonen, und nur zu einem geringen Anteil im präventiven Bereich. Mit der Ausweitung nun mit einer weiteren halben Stelle wird vor allem der präventive Anteil deutlich gestärkt werden. Darüber hinaus hat unser Träger den Zuschlag des Landes NRW für die übergeordnete Regionalstelle zur Prävention für den Bereich des Regierungsbezirkes Köln erhalten. Hier wird es um koordinierte Entwicklung, Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit aller Stellen im Regierungsbezirk gehen. Diese Stelle wird auch eine Anbindung an die im oberbergischen geschaffene Koordinierungsstruktur erhalten.“
Ludger Sändker, Leiter der Psychologische Beratungsstelle Herbstmühle

Oberbergischer Kreis

„Das Kreisjugendamt hat ein großes Interesse daran ein flächendeckendes Beratungsangebot im Oberbergischen Kreis vorzuhalten, um Betroffene und ihre Familien bestmöglich zu unterstützen. Es ist uns wichtig, dass in bekanntgeworden Fällen schnell und unkompliziert Hilfe angeboten werden kann. Durch die Kooperation der Jugendämter, der Beratungsstellen und durch die finanzielle Unterstützung des MKFFI NRW ist es uns möglich dieses Angebot umzusetzen.“
Stefan Hesse, Leitung Kreisjugendamt

Stadt Radevormwald

„Die Zunahme der Fälle aus dem Bereich der „sexualisierten Gewalt“ macht sich im Arbeitsbereich des allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) bemerkbar. Hier ist es sehr hilfreich, dass der ASD auf dieses spezialisierte Beratungsangebot zurückgreifen kann und in die Koordinationsstrukturen eingebunden ist.“
Jörn Ferner, Leitung Jugendamt Stadt Radevormwald

Stadt Wiehl

„Jeder Fall sexualisierter Gewalt ist einer zu viel, jeder dieser Fälle, die nicht den Weg ins Beratungs-, Hilfe- und Unterstützungssystem finden ist ebenfalls einer zu viel. Der kreisweite Schulterschluss zum Ausbau des Beratungsangebotes ist ein starkes Zeichen verbunden mit der Erwartung, dass Betroffene schnell die notwendige und richtige Hilfe erhalten können.“
Peter Madel, 1. Beigeordneter, Sozialdezernent Stadt Wiehl

Stadt Wipperfürth

„In Anbetracht der zunehmenden Zahl an schrecklichen Ereignissen im Bereich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder- und Jugendliche ist eine spezialisierte Beratung nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Das Prozedere der Umsetzung zeigt einmal mehr die gute Zusammenarbeit im Oberbergischen Kreis. Für die Hansestadt Wipperfürth konnte mit der psychologischen Beratungsstelle Herbstmühle ein erfahrener und kompetenter Partner gewonnen werden.“ Benjamin Roth, Leiter Jugendamt Stadt Wipperfürth

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